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29. Juni 2009 Kurzexkursion zu Orchideenstandorten auf Latdorfer Kalkschlamm-Deponien (Salzlandkreis)

Bei der industriellen Herstellung von Natriumkarbonat (Soda) fällt in großen Mengen schlammiges Abwasser an, welches vor allem Calciumkarbonat ( Kalk) enthält. Seit Jahrzehnten wird dieses Abwasser in Absatzteiche geleitet. Schicht um Schicht lagern sich die Abprodukte ab, es entstehen regelrechte Kalk-Hochdeponien, die schließlich austrocknen und nach mehreren Jahrzehnten auch eine natürliche Begrünung aufweisen. Es gehört zu den Wundern der Natur, dass zu den Erstbesiedlern derartiger Flächen auch einheimische Orchideenarten gehören. Die Erstbesiedlung erfolgt immer durch Samenanflug, der angesichts der Staubgröße von Orchideensamen durch den Wind auch über Entfernungen von deutlich mehr als 10 km erfolgen kann. Entwickeln sich die ersten Orchideenpflanzen bis zur Blüte, ist für Nachwuchs an Ort und Stelle gesorgt. Bei konkurrenzfreien oder konkurrenzarmen Standorten kann es dann zu Massenvorkommen bestimmter Orchideenarten kommen, bis diese schließlich mit aufkommender Verbuschung und Verwaldung wieder erlöschen. Der Gesamtvorgang kann einige Jahrzehnte dauern. Diese Vorgänge laufen auch auf den Kalkschlammdeponien bei Bernburg ab. Das Besondere dieser Orchideenvorkommen ( Flächennaturdenkmale) ist, dass in unmittelbarer Nachbarschaft Orchideenarten trockener Standorte und Arten von Feuchtstandorten gemeinsam in großer Individuenanzahl vorkommen. Ursache dafür ist, dass die anstehenden Kalkschlammablagerungen Niederschlagswasser teilweise nicht sofort versickern lassen, schließlich aber doch trocken fallen. Die Natur zeigt: Orchideen sind enorm tolerant gegenüber weniger optimalen Bodenverhältnisse, wenn sie sich frei vom Konkurrenzdruck anderer Pflanzenarten entwickeln können. Dies vor Ort kennen zu lernen, war das Anliegen einer Kurzexkursion von Mitgliedern der Quedlinburger IG Ornithologie und Naturschutz zu den genannten „Kalkteichen“. Bei der von dem Leiter des Arbeitskreises heimischer Orchideen (AHO) Sachsen-Anhalt, Frank Meysel, begleiteten Exkursion konnten insgesamt 6 Orchideenarten und eine Reihe anderer seltener Pflanzenarten beobachtet werden. Glanzpunkt waren dabei die voll fruchtenden Bestände des im Harzkreis extrem selten gewordenen Fleischfarbenen Knabenkrautes (Dactylorhiza incarnata).