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Insbesondere im Naturschutzgebiet Gegensteine - Schierberge wächst mit der Herbst-Wendelorchis noch eine Orchideenart, die in Deutschland von der Gefahr auszusterben bedroht ist. Das Nordharzvorkommen ist das mit Abstand individuenreichste Vorkommen in den östlichen Bundesländern. In Nord- und Nordwestdeutschland ist diese Art vermutlich bereits ausgestorben. In Sachsen ist die Art seit Jahrzehnten nicht mehr nachgewiesen. Thüringen verfügt offensichtlich nur noch über 5 Vorkommensgebiete . Die Wendelorchis Spiranthes spiralis - so heißt die botanische Rarität – ist eigentlich im Mittelmeerraum heimisch und erst mit der Waldrodung durch jungsteinzeitliche Viehzüchter und Ackerbauer in das mittlere Europa eingewandert. Die Wendelorchis ist mit einer Höhe der Blütenstände von 10 bis ca. 20 cm eine sehr kleine Orchidee und auf extreme Art an die Beweidung ihrer Standorte durch Schaf- und Ziegenherden angepasst. Die drei bis sieben Laubblätter werden erst ab Ende August ausgebildet. Sie sitzen als Blattrosette dem Boden flach auf, das einzelne Laubblatt erreicht nur eine Länge von 1,5 bis 3,5 cm bei einer Breite von 1 bis 1,5 cm. Charakteristisch für die Vorkommen im Mittelmeerraum ist, dass bedingt durch Überweidung,d. h. durch zu hohen Viehbesatz je Weideflächeneinheit, gegen Ende des Sommers die Vegetation mehr oder weniger restlos abgefressen sein kann und dann ein Weiden nicht mehr lohnt. Zu diesem Zeitpunkt sind alle Laubblätter der kleinen Orchidee abgestorben. Ein rübenartiges Speicherorgan treibt ab Mitte August innerhalb weniger Tage den Blütenstand, der mit vielen kleinen weißlichen Orchideenblüten besetzt ist, die einzigartig für Orchideen wendelartig um die Achse des Blütenstandes angeordnet sind. Daher ergibt sich auch die Bezeichnung „Wendelorchis“ .

Das Abblühen erfolgt ebenfalls ja nach Witterung innerhalb weniger Tage. Durch Nachzügler bedingt können aber bis Ende September blühende Pflanzen angetroffen werden. Noch im Herbst erfolgt die Samenreife. Nur wenn die kleine Blattrosette bis zum Frühsommer des nächsten Jahres genügend Sonnenlicht aufnehmen und Assimilate in die Wurzelrübe einlagern kann, ist das Fortbestehen der Pflanze gesichert und eine erneute Spätsommerblüte gesichert. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Wendelorchispflanze nicht durch höheres Gras bzw. andere Kräuter überwachsen wird. Vieles spricht dafür, dass ein sommerliches „Kahlfressen“ von Hutungsflächen durch hungrige Schafe und Ziegen die beste Voraussetzung für eine optimale Entwicklung der Wendelorchis ist. Eine solche „Überweidung“ war sicher bis etwa 1900 auch für viele Hutungsflächen in Deutschland typisch. Bis zu diesem Zeitpunkt war die kleine Herbstorchidee auch in Deutschland eine häufige Pflanze. Für die Jahrzehnte danach stellen die Fachleute einen rasanten Rückgang der Verbreitung fest, der auch heute noch fortwährt. Die Herbst-Wendelorchis ist vom Aussterben bedroht, weil kaum noch intensive Schafhutung betrieben wird und auch auf Hutungsflächen verbuschende dichte Grassavannen entstanden sind, die praktisch kein Licht mehr an die Bodenoberfläche gelangen lassen. Die Herbst-Wendelorchis, der wir als Kulturfolge-Pflanze und Begleiter der jungsteinzeitlichen Ackerbauer und Viehzüchter aus dem warmen Süden auch in unsere Nordharzregion einen ganz besonderen Wert zumessen sollten, kann nur überleben, wenn auf den verbliebenen Vorkommensflächen mit den heutigen Möglichkeiten im Hochsommer (Juli) der Pflanzenbewuchs bis dicht an die Erdoberfläche entnommen wird. Leichte Erdverwundungen sind dabei die Voraussetzung dafür, dass neue Sämlingspflanzen aufwachsen können. Ein solches Mähen kann heute mit Motorsensen (Freischneidern) praktiziert werden. Es muss nach Möglichkeit jährlich durchgeführt werden, dass Mähgut muss von den Flächen beräumt werden. Naturschützer aus dem Harzkreis und weitere Mitglieder des Arbeitskreises Heimische Orchideen haben es zu ihrer freiwilligen Aufgabe gemacht, durch die Intensivmahd der zu schützenden Flächen das Überleben der Wendelorchis in Sachsen-Anhalt zu gewährleisten und ein Kleinod der heimischen Flora auch für zukünftige Generationen zu erhalten. Dabei rechnen sie auch auf die Unterstützung der Flächeneigentümer und – nutzer . Übrigens - interessierte Bürger können im Schutzgebiet am Großen Gegenstein bei genauem Hinsehen unseren „Schützling“ entdecken, ohne die erkennbaren Wege verlassen zu müssen. Dank günstiger Entwicklungsbedingungen ( reduzierte Dichte der Grasnarbe) direkt am Wegrand sind gerade hier zahlreiche gut entwickelte Einzelpflanzen zu finden.

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